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Notarielle Vorsorgeangelegenheiten

I. Was sind die Unterschiede zwischen einer Vorsorgevollmacht, einer Patientenverfügung und einer Betreuungsverfügung?

Verliert ein Volljähriger seine Geschäfts- und/oder Einwilligungsfähigkeit und wird der Betroffene hierdurch außerstande gesetzt, seine eigenen Angelegenheiten zu besorgen, sieht das Gesetz vor, dass durch das Amtsgericht als Betreuungsgericht ein gesetzlicher Betreuer für den Betroffenen bestellt wird. Die Beantragung oder Anregung einer solchen Betreuung erfolgt dabei zumeist durch behandelnde Ärzte, durch Verwandte oder durch Freunde des Betroffenen. Das Amtsgericht ist in der Wahl der Person des Betreuers grundsätzlich frei. Es kann mithin die Bestellung eines Berufsbetreuers auch dann anordnen, wenn dies nicht den erklärten Willen des Betroffenen und dessen Verwandten entspricht.

1. Vorsorgevollmacht

Durch die Erteilung einer Vorsorgevollmacht kann im Ernstfall die gerichtliche Anordnung einer gesetzlichen Betreuung vermieden werden. Denn wurde einem Bevollmächtigten die Befugnis eingeräumt, die Angelegenheiten des Betroffenen im Falle einer später eintretenden Geschäfts- und/oder Einwilligungsfähigkeit für diesen zu regeln, erübrigt sich nach der Konzeption des Betreuungsrechts die gerichtliche Einsetzung eines gesetzlichen Betreuers. Der entscheidende Vorzug der Vorsorgevollmacht besteht darin, dass der Betroffene in „gesunden Tagen“ die Person selbst auswählen kann, die sich in „kranken Tagen“ um seine Angelegenheiten kümmern soll. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Belange des Betroffenen im Ernstfall durch absolute Vertrauenspersonen, beispielsweise durch den eigenen Ehegatten oder die eigenen Kinder, und nicht etwa durch einen unbekannten Berufsbetreuer geregelt werden. Die Möglichkeit zur Errichtung einer Vorsorgevollmacht schützt und stärkt damit das Recht auf Selbstbestimmung!

2. Betreuungsverfügung

Während die Vorsorgevollmacht der Betreuungsvermeidung dient, zielt eine Betreuungsverfügung auf die konkrete Gestaltung einer durch das Betreuungsgericht angeordneten gesetzlichen Betreuung ab. Insoweit kann eine Betreuungsverfügung sowohl konkrete Wünsche des Betroffenen hinsichtlich der Auswahl des Betreuers als auch hinsichtlich der Durchführung der Betreuung enthalten. An diese Vorgaben des Betroffenen sind im Falle seiner späteren Geschäfts- und/oder Einwilligungsunfähigkeit sowohl das Gericht als auch der Betreuer gebunden, sofern die Betreuungswünsche schriftlich niedergelegt wurden und dem Wohle des Betroffenen nicht zuwiderlaufen.

a) Kombination von Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung

Vorsorgevollmachten werden häufig mit der Regelung von Betreuungsverfügungen kombiniert. Der Betreuungsverfügung kommt in diesem Fall lediglich die Funktion einer „Absicherung“ für den Fall zu, dass die eigentlich gewünschte Vertretung durch den Vorsorgebevollmächtigten aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen scheitert und das Betreuungsgericht dem Betroffenen im Ernstfall also einen gesetzlichen Betreuer bestellen muss. Der Betroffene kann in einem solchen Fall über die Betreuungsverfügung dann immerhin Einfluss auf die Durchführung der gesetzlichen Betreuung ausüben, indem er eine Person benennt, die nach seinem Willen zum Betreuer bestellt werden soll, und indem er konkrete Handlungsanweisungen an den künftigen Betreuer erteilt.

b) Isolierte Betreuungsverfügung

Daneben kommt aber auch die isolierte Regelung einer Betreuungsverfügung in Betracht. Eine solche erscheint gegenüber einer Vorsorgevollmacht dann vorzugswürdig, wenn der Betroffene keine Vertrauensperson benennen kann, die im Ernstfall seine Angelegenheit besorgen soll. Ein anderes Motiv für eine isolierte Vertrauensverfügung könnte sein, dass der Betroffene eine eher strikte Kontrolle der eigenen Vertrauensperson durch das Betreuungsgericht wünscht, da der gesetzliche Betreuer – beispielsweise was Auskunfts- und Rechnungslegungspflichten anbelangt – strengeren gesetzlichen Beschränkungen sowie einer strikteren gerichtlichen Überwachung unterliegt als der Vorsorgebevollmächtigte.

3. Patientenverfügung

Im Rahmen einer Patientenverfügung kann jeder einwilligungsfähige Volljährige für den Fall einer späteren Einwilligungsunfähigkeit entscheiden, ob er in bestimmte, zukünftige medizinische Behandlungen (z.B. Untersuchungen des Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe) einwilligt oder diese untersagt.

Eine Patientenverfügung bedarf zu ihrer Wirksamkeit stets der Schriftform, also der eigenhändigen Unterschrift des Patienten. Bei der Errichtung einer Patientenverfügung ist weiter auch der sogenannte Bestimmtheitsgrundsatz zu beachten. Hiernach muss aus der Patientenverfügung zum einen hinreichend bestimmt hervorgehen, auf welche konkrete Behandlungssituation sie sich beziehen soll. Zum anderen sind für die konkrete Behandlungssituation aber auch hinreichend bestimmte Handlungsanweisungen zu erteilen.

Wurde eine wirksame Patientenverfügung errichtet und tritt der Ernstfall ein, hat im Falle einer bestehenden Vorsorgevollmacht der Bevollmächtigte, anderenfalls ein gerichtlich zu bestellender Betreuer zu prüfen, ob der in der Patientenverfügung niedergelegte Wille des Betroffenen auf die konkrete Lebens- und Behandlungssituation anwendbar ist. Sollte dies so sein, hat er dem Willen des Betroffenen Geltung zu verschaffen, indem er in Abstimmung mit den behandelnden Ärzten über vorzunehmende Maßnahmen entscheidet. In Bezug auf einige Maßnahmen (z.B. ärztliche Zwangsmaßnahmen im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthalts) ist neben der Schriftlichkeit der Vollmacht auch eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen erforderlich.

Häufig empfiehlt es sich, die Errichtung der Patientenverfügung mit der Errichtung einer Vorsorgevollmacht und/oder einer Betreuungsverfügung zu verbinden. Denn der als Bevollmächtigter angedachten Vertrauensperson wird es im Zweifel am besten möglich sein zu überprüfen, ob der im Rahmen einer Patientenverfügung niedergelegte Wille noch aktuell und daher umzusetzen ist.

II. Welchen Inhalt sollte eine Vorsorgevollmacht haben?

Der Inhalt einer Vorsorgevollmacht sollte stets an der konkreten Lebenssituation des Vollmachtgebers ausgerichtet werden. In der Regel ist die Erteilung einer möglichst umfassenden Vollmacht ratsam, um den Bevollmächtigten in die Lage zu versetzen, im Ernstfall auch tatsächlich alles Erforderliche für den Vollmachtgeber regeln zu können, ohne dass es der gerichtlichen Bestellung eines Betreuers bedarf. Üblicherweise wird dem Bevollmächtigten daher sowohl die Befugnis eingeräumt, in Vermögensangelegenheiten (z.B. Verwaltung und Verfügung über Vermögen, Eingehung von Verbindlichkeiten oder Vertretung gegenüber Behörden, Gerichten und Banken) sowie in persönlichen Angelegenheiten (z.B. Personensorge, Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung) für den Vollmachtgeber tätig werden zu können.

Konkret sollte eine Vorsorgevollmacht dabei Regelungen dazu enthalten, inwieweit es dem Bevollmächtigten gestattet sein soll, Untervollmachten zu erteilen. Auch sollte sinnvollerweise geregelt werden, ob der Bevollmächtigte zu Schenkungen im Namen des Vollmachtgebers berechtigt sein soll. Werden mehrere Personen bevollmächtigt, ist ihr Verhältnis untereinander zu regeln: Sollen die mehreren Bevollmächtigten etwa jeweils einzeln und gleichrangig bevollmächtigt sein oder nur gemeinschaftlich handeln können oder soll einer der Bevollmächtigten der Hauptbevollmächtigte und ein anderer nur Ersatzbevollmächtigter sein?

Die präzise und umfassende Formulierung einer Vorsorgevollmacht ist nicht ganz einfach. Es empfiehlt sich die Einholung von Rechtsrat. Das besondere Bedürfnis nach einer rechtssicheren Gestaltung stellt einen der Gründe dafür dar, die eigene Vorsorgevollmacht durch einen Notar entwerfen und notariell beurkunden zu lassen.

III. Bedarf die wirksame Errichtung einer Vorsorgevollmacht einer besonderen Form?

Vollmachten können grundsätzlich formlos erteilt werden. Zum Zwecke der Nachweisbarkeit empfiehlt es sich jedoch, Vorsorgevollmachten zumindest schriftlich zu erteilen. Eine eigenhändige Unterschrift unter einen mit dem Computer geschriebenen Text genügt insoweit. Ausnahmsweise ist sogar eine notarielle Form der Vollmacht geboten, beispielsweise wenn die Vollmacht (z.B. zum Vollzug von Grundstücksgeschäften durch den Bevollmächtigten) dem Grundbuchamt vorgelegt oder (z.B. zur Vertretung in unternehmensbezogenen Angelegenheiten) elektronisch dem Handelsregister einzureichen ist.


Die notarielle Form einer Vorsorgevollmacht bringt Vorteile mit sich:

 

  • Zum einen ist die umfassende und zugleich rechtssichere Formulierung einer Vorsorgevollmacht kompliziert. Der Notar kann Beteiligte insoweit vor inhaltlichen Fehlern oder Ungenauigkeiten bei der Formulierung schützen.
  • Zum anderen wird die Urschrift einer notariell beurkundeten durch den Notar verwahrt. Sollte ein Bevollmächtigter die ihm erteilte Ausfertigung einer Vollmacht einmal verlieren oder verlegen, kann der Notar weitere Ausfertigungen der Vollmacht erteilen und den Bevollmächtigten hierdurch wieder handlungsfähig machen.
  • Der Notar stellt bei Errichtung einer notariellen Vorsorgevollmacht sowohl die Identität als auch die Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers fest. Notariellen Vorsorgevollmachten wird im Rechtsverkehr daher großes Vertrauen entgegengebracht.

IV. Bringt eine Vorsorgevollmacht auch Nachteile mit sich?

Eine Vorsorgevollmacht wird in der Regel in Gestalt einer Generalvollmacht erteilt. Als solche befähigt sie den Bevollmächtigten, ohne Einschränkung für den Vollmachtgeber tätig zu werden. Selbst wenn es dem Bevollmächtigten im Innenverhältnis zum Vollmachtgeber nur für den Vorsorgefall erlaubt ist, von der Vollmacht Gebrauch zu machen, also erst wenn der Vollmachtgeber selbst nicht mehr dazu in der Lage ist, seine Angelegenheiten zu besorgen, kann der Bevollmächtigte den Vollmachtgeber im Außenverhältnis zu Dritten auch bereits vor diesem Zeitpunkt wirksam vertreten. Juristen sprechen insoweit von einer Beschränkung des „rechtlichen Dürfens“, nicht aber des „rechtlichen Könnens“. Die Vorsorgevollmacht birgt hierdurch allgemein das Risiko eines Vollmachtmissbrauchs.

V. Wen sollte ich bevollmächtigen?

Wenn ein Bevollmächtigter entgegen den Weisungen des Vollmachtgebers handelt, macht er sich unter Umständen zwar wegen einer Untreue strafbar (§ 266 StGB). Aufgrund einer notariellen Vorsorgevollmacht wird der Bevollmächtigte gleichwohl in die Lage versetzt, über etwaiges, Immobilien-, Gesellschafts- und Bankvermögen des Vollmachtgebers wirksam zu verfügen. Zwar kann dem Risiko eines Vollmachtmissbrauchs durch die konkrete Ausgestaltung der Vorsorgevollmacht auf unterschiedliche Art und Weise entgegengewirkt werden. Aufgrund der weitreichenden Handlungsbefugnisse, die eine Vorsorgevollmacht dem Bevollmächtigten einräumt, ist und bleibt die Erteilung einer Vorsorgevollmacht jedoch Vertrauenssache! Aus diesem Grunde sollte man eine Vorsorgevollmacht auch nur einer absoluten Vertrauensperson erteilen, beispielsweise dem eigenen Ehegatten oder einem der eigenen Kinder. Ist eine entsprechende Vertrauensperson nicht vorhanden, ist womöglich die Erteilung einer Betreuungsverfügung anstelle einer Vorsorgevollmacht in Erwägung zu ziehen.

VI. Wofür ist das Zentrale Vorsorgeregister („ZVR“) der Bundesnotarkammer da?

In das Zentrale Vorsorgeregister („ZVR“), das bei der Bundesnotarkammer in Berlin geführt wird, kann sich jede Person registrieren lassen, die eine Vorsorgeverfügung errichtet hat. Das ZVR kann deutschlandweit rund um die Uhr von sämtlichen Betreuungsgerichten eingesehen werden. Hierdurch können im Ernstfall die Betreuungsgerichte auch in Eilfällen unkompliziert in Erfahrung bringen, ob ein Betroffener eine Vorsorgeverfügung errichtet hat und Kontakt zu den bevollmächtigten Vertrauenspersonen aufnehmen. Hierdurch können im Interesse der Betroffenen gegebenenfalls auch unnötige Betreuungen vermieden werden.

Wenn ein Arzt beispielsweise nach einem Verkehrsunfall die Einwilligung des Betroffenen zu einer lebensgefährlichen Operation benötigt, der betroffene Unfallbeteiligte jedoch bewusstlos ist, wird der Arzt bei einem Betreuungsgericht die Bestellung eines Betreuers beantragen. Sollte für den Betroffenen in einem solchen Fall eine Vorsorgevollmacht im ZVR eingetragen sein, kann das Betreuungsgericht dies schnell ermitteln und dem Arzt die bevollmächtigte Vertrauensperson mitteilen, damit er sich an diese wenden kann. Das Betreuungsgericht muss zwar auch dann ermitteln, ob eine Vorsorgeverfügung von dem Betroffenen errichtet wurde, wenn eine solche nicht im ZVR eingetragen ist. Allerdings fehlt in Eilfällen die Zeit für umfangreiche Ermittlungen, wodurch ohne Eintragung im ZVR die Gefahr besteht, dass das Gericht eine fremde Person zum Betreuer bestellt. In diesem Fall trifft dann der gerichtlich bestellte Betreuer und nicht die von dem Betroffenen an sich gewünschte Vertrauensperson die Entscheidung über die anstehende medizinische Maßnahme. Ein solches Szenario kann durch die Eintragung der Vorsorgeverfügung im ZVR verhindert werden.

Durch die Eintragung einer Vorsorgeverfügung im ZVR entstehen geringe Kosten, die in Abhängigkeit von der Person des Antragsstellers, der Art und Weise der Gebührenzahlung und der Anzahl der Bevollmächtigten stehen. Üblicherweise betragen die Kosten zwischen 16,00 EUR bis 22,00 EUR.

VII. Wie erhalte ich meine persönliche „ZVR-Card“?

Bei Eintragung einer Vorsorgeverfügung in das ZVR erhalten die Vollmachtgeber auf Wunsch eine sogenannte „ZVR-Card“. Diese Karten im Format einer Bankkarte dienen dazu, in einem Portemonnaie oder einer Handtasche mitgeführt zu werden. Im Vorsorgefall kann der Ersthelfer oder der behandelnde Arzt hierüber sofort darauf aufmerksam werden, dass der Betroffene eine Vorsorgevollmacht errichtet hat und die auf der ZVR-Card angegebene Person des Bevollmächtigten über dessen angegebene Telefonnummer kontaktieren. Hierüber kann beispielsweise der behandelnde Arzt ohne den Umweg über das Betreuungsgericht auf eine bevollmächtigte Vertrauensperson aufmerksam werden. Im Fall einer notariellen Vorsorgevollmacht erhalten Sie die ZVR-Card auf Wunsch von Ihrem beurkundenden Notar, anderenfalls auf Anfrage über das Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer.